Was die Bitkom möchte, ihr die Realität jedoch verweigert.

Was die Bitkom möchte, ihr die Realität jedoch verweigert.

Ein Interview von Florian Buschbacher (Florian Buschbacher, Mitglied des Vorstands, Bitkom-Arbeitskreis Big Data & Advanced Analytics) auf bigdata-insider.de löste bei uns wieder einmal heiteres Kopfschütteln aus.
Buschbacher fordert nichts weiter, als die Änderung des BDSG bzw. der europäischen Datenschutzrichtlinie um positive Nutzungsregeln, die als gesellschaftlich akzeptierte Standards das künftige Geschäft mit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten erheblich vereinfachen sollen. Die rechtliche Betrachtung ist für ihn klar, man benötigt lediglich

bei Fragen wie Personenbezug, Anonymisierung und Zweckbindung mehr Klarheit sowie positive Nutzungsregeln – also die gesetzliche Erfassung von Big Data nicht nur unter Schutzaspekten. Nutzungsregeln sollten die zentrale Bedeutung von Daten in einer Daten-getriebenen Wirtschaft widerspiegeln. Wenn wir innovative Geschäftsmodelle auf der Grundlage von Technologien wie Big Data, Cloud Computing oder Cognitive Computing umsetzen wollen, müssen wir für die Weiterentwicklung der EU-Datenschutz-Grundverordnung mobilisieren.

Aus gesellschaftlicher Sicht genüge es mit dem Sinn und Zweck der neuen Datenwelt bei den Nutzern zu werben. Ein mehr oder weniger konkreter Vorschlag ist, dass mehr für die Transparenz und Verbraucherakzeptanz von Big Data getan werden müssen

die Vorbehalte und Ängste der Verbraucher ernst zu nehmen und ihnen ein Grundverständnis für die Technologien nahezubringen. Die Technologieanbieter sind aufgerufen, sich zu einer ethisch fundierten Herangehensweise zu bekennen, beispielsweise durch eine jährliche Information an Kunden, damit diese einsehen können, welche Daten in den Unternehmen vorliegen und wie ihre Daten für welchen Zweck genutzt werden. Und drittens benötigen wir bei Big-Data-Lösungen ein ethisch-moralisches Korrektiv.

Betrachtet man das zähe Ringen der europäischen Interessenvertreter der letzten Jahre um eine neue EU-Datenschutz-Grundverordnung, so muss die BITKOM Forderung von Buschbacher als lautes Getöse abgetan werden. Mit dem Motto „die BITKOM weiß wie es geht, aber keiner macht was sie vorschlägt“ ist Unternehmen wie Hirmin nicht gedient, aber die BITKOM um ein Presseclipping reicher. Wenn die BITKOM Unternehmen helfen will, dass datengetriebene Innovationen künftig aus Deutschland kommen, so bitten wir die BITKOM um konstruktive und machbare Vorschläge und keine politischen Rauchbomben. Wer baden will, muss sich nass machen.

Eine gesellschaftliche Akzeptanz von datengetriebenen Anwendungen liegt bereits vor, sofern der Bürger sich von der Anwendung einen persönlichen Nutzen verspricht und ist mit dem Einwilligungsvorbehalt des Nutzers auch hinreichend geregelt. Eine Ausweitung des Verwendungszweckes ohne konkrete Einwilligung ist weder gesetzlich (heute und auch künftig nicht) noch im Rahmen einer gesellschaftlichen Akzeptanz sinnvoll und wünschenswert. Die bestehenden Regeln reichen jedoch aus. Das Potenzial von datengetriebenen Anwendungen ist zum heutigen Stand noch nicht einmal in der Nähe einer gesetzlichen Grenze. Wirft man einen Blick auf den Finanz- und Gesundheitsindustrie, so befinden wir uns noch im try&error Modus der etablierten Unternehmen. Erste Pflänzchen blühen seit dem so genannten eHealth Gesetz bei den Krankenkassen. FinTech Inkubatoren wie CommerzVentures, main-incubator und auch die schweizerische six-group experimentieren mit den ersten Anwendungen.

Was wir uns wünschen sind Unternehmen, die datengetriebene Wege abseits eines Platform-Denkens gehen möchten und eine BITKOM, die das Silo-Denken der Unternehmen dahingehend öffnet. Ein wesentlicher Umstand der Innovationsfreude der US-amerikanischen im Gegensatz zur deutschen Wirtschaft ist im geringsten Maße eine laxere Datenschutzpolitik. Viel wichtiger ist die Einstellung der Unternehmen sich zu öffnen und xTech Unternehmen als den Treibstoff ihrer künftigen Geschäftsentwicklung zu begreifen. Unternehmen wie Lufthansa machen es mit dem Lufthansa Hub vor. Man nutzt das Wissen von außen und arbeitet mit Unternehmen wie Ally zusammen an der Entwicklung neuer Konzepte.